Online-Magazin: Aus der IHK


Konflikt im Roten Meer: Die Lieferketten halten


Von dem andauernden Konflikt im Roten Meer sind die Lieferketten in Deutschland und Europa so gut wie nicht betroffen. Allerdings führt der Umweg über das Horn von Afrika zu Mehrkosten und Kapazitätsverlusten bei den Schiffen. Die Folge sind wieder spürbare Preissteigerungen bei den Frachten. 

Viele exportorientierte Unternehmen auch aus Südwestfalen fühlten sich an die massiven Lieferketten-Probleme der jüngeren Vergangenheit erinnert. 2021 waren die Blockade des Suez-Kanals durch die „Ever Given“ und die Lockdowns in Chinesischen Häfen für extreme Preissteigerungen bei Containern und gravierende Beeinträchtigungen der Lieferketten verantwortlich.

„Von dieser Situation sind wir weit entfernt“, konnte Jan Tiedemann (AXS Marine) heimische Unternehmen gleich zu Beginn einer Videokonferenz beruhigen. Die IHKs in Arnsberg, Hagen und Siegen hatten gemeinsam dazu eingeladen. Trotz aller Schwierigkeiten sei die Ausgangslage nicht mit der damaligen Situation vergleichbar. Tiedemann: „Es gibt diesmal keine überhitzte Konsumgüternachfrage und die Containerschiffe fahren gut ausgelastet auf ihren Routen“. Zwar müssten sich die Lieferketten auf verlängerte Seewege und Transportzeiten einstellen, aber diese Umstellung sei schnell vollzogen. „Es kommt in der Logistik vor allem auf Verlässlichkeit an“, unterstrich der Seefahrt-Experte aus Hamburg. Durch den Umweg über das Horn von Afrika verlängere sich der Seeweg um neun bis zehn Tage. Zwei bis drei Tage könnten durch Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit wieder aufgeholt werden. Dabei würde zwar der Energieaufwand steigen, auf der anderen Seite würden die immensen Kanalgebühren in Ägypten (Tiedemann: bis zu 1 Million Euro je Durchfahrt) entfallen. „Damit sind die Schiffe genau eine Woche später im Zielhafen, wenn Sie so wollen pünktlich und damit verlässlich“.

Bleibt als Problem die Verknappung der Schiffskapazitäten durch längere Umläufe. Auch dabei hat der Weltmarkt „Glück im Unglück“, so Tiedemann. „2023 kam das größte jemals ausgelieferte Volumen neuer Containerschiffe auf den Markt“. Das hatte zwar insgesamt einen preisdämpfenden Effekt. Gleichwohl stiegen seit Jahresende 2023 die Containerfrachten um den Faktor 2 bis 2,5, auch weil die Reeder die Gunst der Stunde nutzten. Das bestätigte auch der Arnsberger Spediteur Christoph Dahlmann (ALS Spedition). Er berichtete von Kunden, die diesen sprunghaften Preisanstieg innerhalb weniger Wochen bei laufenden Aufträgen schlucken mussten. Dahlmann: „Das machte die gesamte Kalkulation hinfällig“.

Auch Carolin Herweg, Referatsleiterin Internationale Konjunktur bei der DIHK in Berlin, beobachtet diese Entwicklung. „Seit Dezember meiden große Reedereien den Suez-Kanal“, was zu mehr als einer Verdopplung der Container-Frachten geführt habe. Dabei führte neben dem Konflikt im Roten Meer bereits der Wassermangel im Panama-Kanal zu Einschränkungen. Das habe zwar nur begrenzt direkte Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft. „Allerdings zeigt es einmal mehr, wie schnell globale Lieferketten aus dem Takt geraten können. Und das in einer Zeit, in der die Weltwirtschaft ohnehin nur moderat wächst und zunehmender Protektionismus das Auslandsgeschäft deutscher Unternehmen erschwert“. Für die deutsche Wirtschaft ist die Schifffahrtsroute im Roten Meer von großer Bedeutung, denn „das über diese Route abgewickelte Gütervolumen macht rund 10 Prozent des deutschen Außenhandels aus“.